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Klimakonferenz in Glasgow: Erfolg oder nur Blablabla ?

Blog von: Team Natur & Umwelt, Autor Helmut Hojesky

Klimakonferenz in Glasgow: Erfolg oder nur Blablabla ?

Nach der durch COVID erzwungenen Pause 2020 hat im November 2021 in Glasgow/Vereinigtes Königreich nach zwei Jahren wieder eine physische Klimakonferenz stattgefunden. Konferenzpräsident war der britische Sondergesandte für Klimaschutz Alok Sharma. Trotz der pandemiebedingten Einschränkungen bzw. Sicherheitsvorkehrungen (z.B. tägliche Eintritts-Antigentests) waren mehr als 40.000 (!) Teilnehmerinnen und Teilnehmer für die Konferenz angemeldet, allerdings waren pro Tag maximal 8.000 Personen zutrittsberechtigt.

Was hat die Konferenz gebracht ?

Um es kurz zusammenfassen: Licht, aber auch Schatten.

Beginnen wir mit dem Licht: Das Ziel, die Erderhitzung auf 1,5°C zu begrenzen, ist im Rahmenbeschluss („Glasgow Climate Pact“) fest verankert. Die klimaschädliche Kohle sowie kontraproduktive Subventionen für fossile Energieträger werden zum ersten Mal im Schlussdokument einer Klimakonferenz erwähnt. Die Diskussionen dazu im Schlussplenum standen auch im Zentrum der medialen Aufmerksamkeit: China, Indien, Südafrika und Nigeria schwächten die Formulierung „Ausstieg aus der Kohle“ bis 2050 im letzten Moment in ein „Zurückfahren“ ab. Die Notwendigkeit, rascher konkrete Maßnahmen gegen die Klimakrise zu ergreifen, wurde unterstrichen. Bemerkenswert war, dass man sich auf neue Ziele einigen konnte, die über das Pariser Klimaübereinkommen aus 2015 hinausgehen. Ein globales Gleichgewicht zwischen Treibhausgasemissionen und Kohlenstoffspeicherung soll nun bereits Mitte dieses Jahrhunderts erreicht werden, nicht erst im Mittel der 2. Hälfte dieses Jahrhunderts. Neu ist auch das Ziel, die globalen CO2-Emissionen bis 2030 um 45% gegenüber 2019 zu senken. 

Sind die Ergebnisse ausreichend, um die Klimakrise zu stoppen ?

Das ist die Schattenseite von Glasgow: Man muss festhalten, dass die Beschlüsse nicht die Ambition haben, die es im Kampf gegen die Klimakrise gebraucht hätte. Die von den Staaten bislang angebotenen Verringerungen der Treibhausgasemissionen führen zu einer Erderhitzung von 2,7°C, mit den zusätzlichen Angeboten vor Glasgow immer noch zu 2,4°C! Ein Nachbessern der national festgelegten Beiträge ist zwar – zusätzlich zu dem in Paris vereinbarten Fünfjahreszyklus – bis Ende 2022 vorgesehen; es bleibt aber abzuwarten, ob entsprechende Angebote auch gemacht werden. Immerhin wird es jährliche Runde Tische auf politischer Ebene geben, bei denen die Angemessenheit der nationalen Beiträge diskutiert wird.

Das Einhalten des 1,5°C-Ziels ist damit noch in weiter Ferne, mit all den drastischen Folgen für das Leben auf diesem Planeten. Entscheidend für das Weltklima sind die verbleibenden Jahre bis 2030. Wenn es uns hier nicht gelingt, deutliche Fortschritte beim Ausstieg aus fossilen Energieträgern zu erzielen, befinden wir uns immer noch auf einem Pfad zur Klimakatastrophe mit steigendem Meeresspiegel, heftigeren und häufigeren Extremwetterereignissen, verschwindenden Gletschern usw. Insbesondere die Industrie– und Schwellenländern müssen rasch zusätzliche konkrete Maßnahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen und zur Anpassung an die unvermeidlichen Folgen der Klimakrise auf den Weg bringen.

Wie geht es nach Glasgow weiter ?

Nach der Klimakonferenz ist vor der Klimakonferenz! Klimaschutz passiert nicht nur während einer 14-tägigen Klimakonferenz, sondern die restlichen 351 Tage des Jahres sind entscheidend. Hier kann jede/r Einzelne von uns durch klimafreundliches Verhalten ihren/seinen Beitrag leisten.

Ein wichtiges Ergebnis von Glasgow war die Fertigstellung der „Gebrauchsanweisung“ zum Pariser Klimaübereinkommen. Die Regeln für die Umsetzung des Abkommens sind nun komplett; in den kommenden Jahren geht es um deren Umsetzung und Kontrolle. Die lange umstrittenen Spielregeln für die Anwendung der sogenannten Marktmechanismen (landläufig oft als „Freikauf“ bezeichnet) wurden verabschiedet. Auch hier gab es Licht und Schatten: Während die Anrechenbarkeit von Emissionsreduktionen strengen Regeln unterworfen ist und Doppelzählungen somit ausgeschlossen sind, ist es nunmehr gestattet, sich Reduktionseinheiten aus Klimaschutzprojekten rückwirkend von 2013 bis ins Jahr 2025 gutschreiben zu lassen. Davon könnten vor allem Brasilien, China und Südkorea profitieren. Nur durch diesen Kompromiss war es möglich, Konsens zu diesem Verhandlungsgegenstand zu erzielen.

Ein weiteres heiß diskutiertes Thema bei Klimakonferenzen ist die finanzielle Hilfe für den globalen Süden. Den Industrieländern ist es nicht gelungen, die versprochenen 100 Milliarden US$ im Jahr 2020 aus diversen Quellen (öffentlich, privat, int. Fonds etc.) aufzustellen; man lag bei ca. 80 Mrd. US$. Die Geberländer haben versprochen, diese Lücke ehestmöglich zu schließen. In den kommenden Jahren wird daher in zahlreichen Verhandlungssträngen über dieses Thema weiter beraten.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Ergebnisse der Konferenz in Glasgow die pandemiebedingt geringen Erwartungen von Pessimisten insgesamt übertroffen haben, aber die hochgesteckten Erwartungen klar verfehlt haben. Die Konferenz war trotzdem als erfolgreich zu bewerten und definitiv mehr als bloßes Blablabla.

Bringen solche Monsterkonferenzen dem Klima überhaupt irgend etwas ?

Die jährlichen Klimakonferenzen sind natürlich ein Riesenauftrieb von Delegierten der einzelnen Staaten, Nichtregierungsorganisationen und Medienleuten und damit ein großes Medienspektakel. Der öffentliche Druck auf die Politik, der dadurch erzeugt wird, führt zu maßgeblich mehr Aktion weltweit. Die Konferenzen bestehen aus einem komplizierten Geflecht von zig Themen, die parallel verhandelt werden (vgl. den Podcast „Feilschen um jede Tonne: Wie man über das Klima verhandelt“: https://www.derstandard.at/story/2000131089819/feilschen-um-jede-tonne-wie-man-ueber-das-klima-verhandelt?ref=article).

Der Fortschritt darf nicht nur an einer Konferenz allein gemessen werden; was seit der ersten Klimakonferenz unter dem Klimarahmenübereinkommen (UNFCCC) im Jahr 1995 in Berlin (übrigens unter dem Vorsitz der damaligen deutschen Umweltministerin Angela Merkel) entstanden ist, kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Selbstverständlich gab es im bisherigen UNFCCC-Prozess Höhen und Tiefen, auch Sackgassen. Aber mit dem Pariser Klimaübereinkommen wurde 2015 eine solide Basis geschaffen, um der Klimakrise global erfolgreich begegnen zu können. Es liegt an uns allen, die Werkzeuge, die uns in die Hand gegeben wurden, rasch und entschieden zu nutzen.

 

Helmut Hojesky leitet die Abteilung Allgemeine Klimapolitik im Klimaschutzministerium (BMK) und ist Delegationsleiter auf Beamt:innenebene bei den UN-Klimakonferenzen.